Gärtnern mit, statt gegen den Klimawandel

Veröffentlicht am 8. Oktober 2022 um 08:00
Pflanzen, die langen Hitzeperioden und Trockenheit trotzen, gedeihen zukünftig gut in unseren Gärten. Das sind zum Biespiel Fetthenne, Färberkamille und Gräser. (Foto: Dorothea Fischer)

Die Gärten der Zukunft und vor allem die Pflanzen, die darin wachsen sollen, stehen vor großen Herausforderungen. Sie sind Hitzewellen und Trockenheit nicht nur im Hochsommer, sondern auch schon im Frühling ausgesetzt. Dabei ist gerade im Frühling genügend Regen wichtig, damit Pflanzen austreiben und wachsen können.

 

Die Niederschlagsverteilung hat sich in jüngster Zeit über das Jahr gesehen stark verändert. Was tun? Nach einem milden Winter und einem zeitigen Frühling können Spätfröste zum Problem werden. Lang anhaltende Niederschläge oder kurze, sinnflutartige Regengüsse prasseln auf die Pflanzen im Garten herab. Heftig auftretende Gewitter mit Hagel und Sturm nach Hitzetagen schaden Pflanzen oder entwurzeln sie. 

 

Fitte Pflanzen für den Zukunftsgarten

Neben dem bevorzugten Standort einer Pflanze ist auch die Wettertauglichkeit entscheidend, ob sie in unseren Gärten eine Zukunft hat. Stauden, die beispielsweise über Jahrzehnte beliebt waren und in vielen deutschen Gärten ihren festen Platz hatten, macht das Wetter zunehmend Probleme, etwa weil sie ein bestimmtes Maß an Bodenfeuchtigkeit verlangen. Sie in Zukunft weiterhin zu kultivieren, wird viel Aufwand und eine Menge Wasser bedürfen. Und dennoch werden sich die Pflanzen bei hochsommerlicher Hitze schwer tun und gestresst sein.

 

Derartige Stauden sind beispielsweise Flammenblume (Phlox), Sonnenhut (Rudbeckia), Rittersporn (Delphinium), Hortensien (Hydrangeaoder Eisenhut (Aconitum napellus). Und auch der klassische grüne Rasen, wie er in vielen Gärten wächst, ist angezählt. Ich setze lieber auf eine gesunde und langfristige Planung in meinem Garten. Das ist auch in Zukunft kein Problem. Denn der Klimawandel schafft eine Menge neuer Gestaltungsmöglichkeiten für den Garten. Bisher unbekannte Blüher und wärmeliebende Arten lassen sich nun problemlos ansiedeln. Letztlich gibt es für jeden Standort die richtige Pflanze.

 

"Wir können den Wind nicht ändern,
aber die Segel anders setzen."

Aristoteles

 

In einem Hausgarten-Beet wächst ein überhängendes Gras neben rosafarbenem Scheinsonnenhut (Enchinacea pallida) - eine zukunftsfähige Pflanzkombination im Garten.

Auch moderne Hausgärten können naturfreundlich und zukunftsfähig gestaltet werden, zum Beispiel mit rosafarbenem Scheinsonnenhut (Enchinacea pallida) und einem überhängenden Chinaschilf (Miscanthus). (Foto: Scott Webb/Unsplash)

 

Pflanzen im Garten: natürliche Klimaanlage

Weitestgehend oder gar ganz auf Pflanzen zu verzichten kann selbstverständlich nicht die Lösung sein. Wir brauchen sie, um zu leben und uns wohlzufühlen. Sie dienen der Verbesserung der Luftqualität, indem sie durch die Fotosynthese Kohlenstoffdioxid in Sauerstoff umwandeln. Und durch die Verdunstung von Wasser kühlen Pflanzen ihre Umgebung. Je mehr Vegetation, desto erträglicher ist ein heißer Sommer für uns Menschen. Du kennst das vielleicht: In Städten sind die Temperaturen oft wesentlich höher als auf dem Land. Wärme staut sich zwischen den Gebäuden. Fassade, Dächer und versiegelter Boden heizen sich auf. Dazu zählen übrigens auch Schottergärten, die, warum auch immer, mancherorts sehr beliebt sind. Falls du einen solchen Schottergarten angelegt hast, ihn aber zurück bauen möchtest, erkläre ich dir in diesem Blog-Beitrag, wie du vorgehen kannst.

 

Wenn die Sonne vom Himmel brennt, suchen wir kühlenden Schatten unter einem Baum. Deshalb rate ich jedem, Bäume in den eigenen Garten zu pflanzen. Um so viel Flächen wie möglich zu begrünen, müssen wir auch in die Vertikale und auf mehreren Ebenen denken: Begrünung von Fassaden mit Kletterpflanzen oder Spalierobst, Flachdächer mit Substratbeeten gestalten.

 

Strategien von Zukunftspflanzen

Züchtungen von Ursprungsarten verlieren häufig an Vitalität. Die Ursprungsarten hingegen sind meist widerstandsfähiger. Auch heimische Wildtiere wie Amseln, Wildbienen oder die Raupen von Schmetterlingen bevorzugen Wildpflanzen und heimische Arten.

Eine begrünte Wand kühlt die Umgebung im Sommer und schützt im Winter vor kalten Temperaturen. (Foto: Pawel Czerwinski/Unsplash)

 

Viele Pflanzen haben sich Schutzmechanismen zugelegt, die es ihnen ermöglichen, mit extremen Temperaturen oder Niederschlägen zurechtzukommen:

  • So speichern beispielsweise manche Pflanzenarten für Trockenphasen Wasser in ihren dickfleischigen Blättern, Wurzeln oder Stämmen. Andere Pflanzen haben Zwiebeln oder Knollen, in denen sie Feuchtigkeit und Energie speichern.
  • Das Wurzelwerk reicht bei manchen Präriestauden bis tief in den Boden hinein. Sie holen von dort unten Wasser und Nährstoffe, um sich damit in Trockenperioden zu versorgen. Gleichzeitig verankern sich die Pflanzen so bei Wind und Starkregen.
  • Manche Pflanzen haben sich ein "dickes Fell" zugelegt, also feine Härchen auf ihren Blattoberflächen. Sie schützen vor Verdunstung und Verbrennung. Andere haben eine silberfarbene Oberfläche oder eine wachsartige Schutzschicht.
  • Je größer die Oberflächen von Blättern und Blüten, desto leichter werden diese bei Starkregen oder Hagel beschädigt und desto größer ist die Verdunstungsfläche. Filigrane Pflanzen mit schmalen und kleinen Blättern sind besser geschützt.
  • Diejenigen Pflanzen, die erst spät im Jahr austreiben, sind besser vor Spätfrösten geschützt.
  • Frühjahrsblüher hingegen sind es gewohnt, dass Frost sie nochmal überrascht und es macht ihnen nichts aus.  
  • Allwetterpflanzen wie Präriestauden trotzen Wetterkapriolen.

 

Auf einem Tisch liegt ein Stück Rinde wie eine Schale. Darauf sind verschiedene Sedum-Arten gepflanzt. Sie sind wahre Trockenhelden. Mit ihren dickfleischigen Blättern können sie über längere Zeit viel Wasser speichern.

Sedum-Arten sind wahre Trockenhelden. Mit ihren dickfleischigen Blättern können sie über längere Zeit viel Wasser speichern. (Foto: Volkan Kacmaz/Unsplash)

 

Pflanzen im Fokus: Strategien für den Fortbestand

Die folgenden Auflistungen an Bäumen, Sträuchern, Stauden, Gräsern und Zwiebelpflanzen zeigen Zukunftspflanzen, die sich durch ihre speziellen Eigenschaften für den Klimawandel rüsten. Sie sind lediglich als Beispiele zu verstehen, die Einteilungen in die Kategorien ist nicht abschließend. Welche Erfahrungen hast du gemacht?

 


Wasserspeicher

Fetthenne speichert Wasser in dickfleischigen Blättern und Stielen. (Foto: C. VanHeest/Unsplash)

Um Trockenphasen zu trotzen, speichern manche Pflanzenarten Wasser in ihren dickfleischigen Blättern, Wurzeln oder Stämmen. Umgangssprachlich nennt man sie Sukkulenten. Andere Pflanzen haben Zwiebeln oder Knollen, in denen sie Feuchtigkeit und Energie speichern. Sie brauchen es trocken, Staunässe vertragen sie gar nicht.

 

Beispiele:

  • Dickblattgewächse (Aeonium arboreum, Echeverien und Crassulae)
  • Agave
  • Aloe Vera
  • Elfen-Krokus (Crocus tommasinianus)
  • Fetthenne und Fettblatt, zum Beispiel Weißer Mauerpfeffer (Sedum album) oder Pracht-Fetthenne (Sedum spectabile)
  • Hauswurz (Sempervivum)
  • Herbst-Alpenveilchen (Cyclamen hederifolum)
  • Kaktus (Cactaceae)
  • Mittagsblume (Delosperma cooperi)
  • Orchidee (Orchidaceae)
  • Rosmarin (Salvia rosmarinus)
  • Rote Spornblume (Centranthus ruber)
  • Spanisches Hasenglöckchen (Hyacinthoides hispanica)
  • Türkenbund-Lilie (Lilium henryi)
  • Wolfsmilch, zum Beispiel Mittelmeer-Wolfsmilch (Euphorbia characias) oder Walzen Wolfsmilch (Euphorbia myrsinites)
  • Zierlauch, zum Beispiel Kugellauch (Allium sphaerocephalon)

 

Tiefwurzler

Nachtkerzen (Oenothera) sind Tiefwurzler. Ihr Wurzelwerk wächst vor allem in die Tiefe, um Feuchtigkeit aus tiefen Erdschichten aufnehmen zu können und so niederschlagsarmen Phasen zu trotzen. (Foto: Julie Blake Edison/Unsplash)

Tiefwurzler sind Pflanzen, deren Wurzelwerk vor allem in die Tiefe wächst. Eine besondere Ausprägung haben die Pfahlwurzler, deren Hauptwurzel nahezu senkrecht in die Erde wächst. Je tiefer eine Wurzel wächst, desto mehr Wasservorräte in tiefen Erdschichten kann sie aufnehmen und so trockenen Wetterphasen trotzen.

 

Beispiele:

  • Blasenstrauch (Colutea arborescens)
  • Blaukissen (Aubrieta)
  • Eibe (Taxus)
  • Eisenhut (Aconitum)
  • Feige (Ficus carica)
  • Fingerhut (Digitalis)
  • Herbstanemonen (Anemone japonica und A. hupehensis)
  • Hundsrose (Rosa canina)
  • Judasbaum (Cercis siliquastrum)
  • Nachtkerze (Oenothera)
  • Quitte (Cydonia oblonga)
  • Rosmarin (Salvia rosmarinus)
  • Schleifenblumen (Iberis)
  • Schmetterlingsflieder (Buddleja davidii)
  • Septemberkraut (Aster ericoides)
  • Steinkraut (Alyssum)
  • Stockrosen (Alcea)
  • Türkenmohn (Papaver orientale-Hybriden)
  • Weidenblättrige Birne (Pyrus salicifolia)
  • Weinreben (Vitis vinifera)

 

Blattoberfläche

Lavendel schützt sich mit grauen Blättern vor Verdunstung. (Foto: Dorothea Fischer)

Manche Pflanzen schützen sich mit einem hellen Flaum auf ihren Blättern gegen Licht und Hitze, sie haben silberfarbene Blätter und Stiele oder einen wachsartigen Überzug, der starker Verdunstung entgegenwirkt. Sind die Blattoberflächen besonders gering, lassen sie ebenfalls nicht viel Wasser verdunsten.

 

Beispiele:

  • Alpenveilchen (Cyclamen coum und C. hederifolium)
  • Blauer Strandflieder (Limonium latifolium)
  • Currykraut (Helichrysum italicum)
  • Gräser, zum Beispiel Blaustrahlhafer (Helictotrichon sempervirens)
  • Hundskamille (Anthemis)
  • Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris)
  • Lavendel (Lavandula augustifolia)
  • Katzenminzen (Nepeta x faassenii und Nepeta racemosa)
  • Küchenschelle (Pulsatilla vulgaris)
  • Kugeldistel (Echinops ritro)
  • Palmlilie (Yucca filamentosa)
  • Perlpfötchen (Anaphalis triplinervis)
  • Scheinsonnenhut (Echinacea pallida)
  • Purpur-Witwenblume (Knautia macedonica)
  • Gewürz-Salbei (Salvia officinalis)
  • Schaf- und Goldgarbe (Achillea)
  • Silberraute (Artemisia ludoviciana)
  • Silberwurz (Dryas x suendermannii)
  • Sonnenblume (Helianthus annuus)
  • Taglilien (Hemerocallis)
  • Wollziest (Stachys byzantina)

 


Spätaustreiber

Funkien (Hosta) zählen zu den Spätaustreibern im Staudenbeet und schützen sich so vor Spätfrösten. (Foto: Yoksel Zok/Unsplash)

Spät blühende Pflanzen, etwa Stauden und Gehölze, treiben meist auch spät aus und fangen erst im Mai richtig an zu wachsen. Pflanzen, die zu früh austreiben, können von Spätfrösten überrascht werden. Meist sind Wildarten von Pflanzen besser an raue Witterungsverhältnisse angepasst als Zuchtformen.

 

Beispiele:

  • Aster, zum Beispiel Bergaster (Aster amellus)
  • Bananenstaude (Musa)
  • Bartblume (Caryopteris x clandonensis)
  • Dost (Origanum vulgare)
  • Esche (Fraxinus excelsior)
  • Funkien (Hosta)
  • Gräser, zum Beispiel Rutenhirse (Panicum virgatum) oder Silberährengras (Stipa calamagrostis)
  • Herbstanemonen (Anemone hupehensis)
  • Hohe Fetthenne (Hylotelephium)
  • Mönchspfeffer (Vitex agnus-castus)
  • Patagonisches Eisenkraut (Verbena bonariensis)
  • Prachtkerze (Gaura lindheimeri)
  • Missouri-Sonnenhut (Rudbeckia misssouriensis)
  • Walnuss (Juglans regia)

 

Frosthärte

Die Traubenhyazinthe (Muscari armeniacum) gilt als sehr frosthart. (Foto: Joshua J. Cotten/Unsplash)

Auch wenn der Klimawandel zunehmend wärmere Temperaturen mit sich bringt, wird es im Winter weiterhin Frostperioden geben. Diese sind war zwar nicht mehr so lange wie früher und die Temperaturen sinken in der kalten Jahreszeit nicht mehr so tief, doch Schnee als Isolationsschicht wird weniger.

 

Beispiele:

  • Felsenbirne (Amelanchier ovalis)
  • Frauenmantel (Alchemilla)
  • Gräser, zum Beispiel Silberährengras (Stipa calamagrostis) oder Atlas-Schwingel (Festuca mairei)
  • Großer Ehrenpreis (Veronica austriaca)
  • Netz-Iris (Iris reticulata)
  • Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia)
  • Mauer-Zimbelkraut (Cymbalaria muralis)
  • Perückenstrauch (Cotinus coggygria)
  • Pyrenäen-Aster (Aster pyrenaeus)
  • Rauling (Trachystemon orientalis)
  • Traubenhyazinthe (Muscari armeniacum)
  • Stauden-Bleiwurz (Ceratostigma plumbaginoides)
  • Zierapfel (Malus Evereste)
  • Zwerg-Mandel (Prunus tenella)

 

Allwetterpflanzen

Die Walderdbeere (Fragaria vesca) fühlt sich in vielen Gärten - egal ob sonnig oder schattig - wohl. (Foto: Mats Hagwall/Unsplash)

Wetterkapriolen sind ein kennzeichnendes Merkmal des Klimawandels. Nicht nur die Trockenheit nimmt zu, auch länger andauernde Niederschläge oder kurze, aber heftige Regenschauer machen den Pflanzen zu schaffen. Eine perfekte Allwetterpflanze verträgt sowohl trockene bis frische Böden.

 

Beispiele:

  • Bergminze (Calamintha nepeta)
  • Blutweiderich (Lythrum salicaria)
  • Diptam (Dictamnus albus)
  • Elfenblume (Epimedium x perralchicum)
  • Felsennelke (Petrorhagia saxifraga)
  • Gräser, zum Beispiel Berg-Segge (Carex montana) oder Kleines Pfeifengras (Molinia caterulea)
  • Steppensalbei (Salvia nemorosa)
  • Storchschnabel, zum Beispiel Balkan-Storchschnabel (Geranium macrorrhizum) oder Kaukasus-Storchschnabel (Geranium renardii)
  • Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum)
  • Walderdbeere (Fragaria vesca)
  • Wildaster (Aster ageratoides)

 

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